Die Zeiten, zu denen sich Abenteurer wie Roald Amundsen, David Livingstone oder Ernest Shackleton aufmachten, um die bisher weißen Flecken auf der Landkarte zu erkunden, ohne auch nur die geringste Ahnung was sie erwartet, sind vorbei. Machen wir uns nichts vor, mit wirklich ganz wenigen Ausnahmen kann sich heutzutage jeder noch so Ahnungslose die nötigen Informationen über das Land seiner Träume aus einer Vielzahl von Informationsquellen besorgen. Reiseliteratur füllt ganze Abteilungen in Buchläden, das Internet quillt über vor Reiseberichten und Homepages verschiedenster Abenteurer und Länder, das Auswärtige Amt informiert über mögliche Gefahren.
Information ist kein spärlich gesätes Gut mehr. Nutzen Sie es!
Die eigentliche Herausforderung besteht hier mittlerweile aus zwei Dingen: zum Einen muss man es wagen, weit über den berühmten eigenen Tellerrand zu blicken, und zum Anderen muss man die Fähigkeit besitzen, die erhaltenen (oder erhältlichen) Informationen zu filtern. Wer hat welche Erfahrungen vor welchem Hintergrund gemacht? Welche Sympathien hegt der Autor für welche Seite? Welche Vorurteile oder persönlichen Anschauungen beeinflussen eventuell die Darstellung des Erlebten? (Wenden Sie diese Sichtweise bitte auch unbedingt beim Lesen dieses Buches an! Alles was Sie hier lesen ist garantiert extrem subjektiv!)
Die größte, und am weitesten verbreitete Gefahr für Reisende ist mittlerweile - mal abgesehen von Naivität und Ignoranz -die, übers Ohr gehauen zu werden. Da nimmt einem ein Taxifahrer schon mal 50 Dollar ab für eine Strecke, die vielleicht nur fünf Dollar kostet. Oder er fährt extra den längeren Weg um den Preis nach oben zu treiben. Das ist zwar ärgerlich, kann man aber verschmerzen. Meiden Sie daher wenn möglich die Orte, an denen Touristen zu Hauf angekarrt werden. Oder – wenn es gar nicht anders geht – versuchen Sie diese Orte schnell zu verlassen. (Wer schon einmal an einem asiatischen Flughafen aus der Ankunftshalle getreten ist kann ein Lied davon singen. Es ist schon eine besondere Kunst die gefühlten 10.000 Taxifahrer zu ignorieren, die einen in ihr Gefährt zerren wollen. Jedoch – diese Kunst ist erlernbar.)
Generell gilt: die wenigsten Gegenden dieses Planeten sind im weitesten Sinne „gefährlich“.
Natürlich gibt es immer ein paar Brennpunkte, die Reisende mit gesundem Menschenverstand meiden sollten. Ich wage hier allerdings keine Nennung bestimmter Länder, da sich solche Situationen oft sehr schnell ändern können. Das dürfte spätestens bei meiner Beschreibung über Nicaragua verständlich werden.
Trotzdem möchte ich ein kurzes Beispiel geben, um ansatzweise klar zu machen, worum es mir geht:
Als vor einiger Zeit westliche Kampfflugzeuge im Osten der Türkei stationiert wurden, um in den „Krisenherden“ Afghanistan und Irak eingesetzt zu werden, gab es eine Welle von Reisestornierungen unter Urlaubern, die ihre Zeit in Antalya, Marmaris, oder ähnlichen Orten an der türkischen Mittelmeerküste verbringen wollten. Das Argument: man befinde sich zu nah an einem Kriegsschauplatz und fühle sich unsicher.
Wer einen Blick auf eine Karte geworfen hätte, hätte schnell bemerkt, dass sich der so genannte Kriegsschauplatz mehr als 1300 Kilometer vom Urlaubsort entfernt befand.
Als es im Kosovo und dem ehemaligen Jugoslawien zu Kampfhandlungen kam, fuhren Touristen aller Länder dagegen weiter fröhlich an die italienische Adria zum Sonnenbaden. Keiner störte sich daran, dass der Ort des Geschehens schon fast mit bloßem Auge bei einem Blick über das Meer zu erkennen war. Erkennen Sie die Diskrepanz?
Und falls ihnen jetzt das Argument auf der Zunge liegt, die Gefahr sei in einem „muslimischen“ Land wie der Türkei wohl höher…heben Sie es sich auf, bis Sie den Abschnitt über die Türkei gelesen haben. Sie werden froh sein, so lange gewartet zu haben.
Aber ich schweife ab, schließlich sprechen wir hier zunächst von Gefahr im Allgemeinen. Fakt ist: in allen Ländern dieser Welt wohnen – man mag es kaum glauben – Menschen. Sie leben zumeist nicht in Hotels oder Clubanlagen, nein, sie werden in ihren Städten oder Dörfern geboren, werden erwachsen, gehen einem Beruf (oder zumindest irgendeiner Arbeit) nach und haben Familie. Ein ganz normales Leben also.
Der Vorteil den diese Menschen haben ist der: sie kennen ihren Lebensraum. Genau wie Sie wissen, welche Gegenden Ihrer Heimatstadt nach Einbruch der Dunkelheit keinen Besuch wert sind, so wissen auch diese Menschen wo es sicher oder unsicher ist. Und wenn man sie fragt, dann sagen Sie es einem in der Regel. Auf diese Art können Sie die Möglichkeit überfallen oder ausgeraubt zu werden auf ein Minimum reduzieren. Alles andere ist ein gewisses Restrisiko, das Sie selbst zu Hause nicht restlos ausschließen können.
Also: sprechen Sie mit den Einheimischen, haben Sie keine Berührungsängste! In den meisten Fällen wird man sie zuvorkommend behandeln, und Ihnen bereitwillig Auskunft geben.
Sie erhalten fast immer wertvolle, und vor allem aktuelle und realistische Einschätzungen der Gegend und der Situation. Vielleicht werden Sie zum Essen eingeladen, und können zum ersten Mal wirklich landestypische Kost probieren. Vielleicht lädt man Sie ein zu Übernachten, und sie erhalten gleich einen Eindruck von der sprichwörtlichen Gastfreundschaft. Vielleicht erklärt man sich bereit, sie am nächsten Tag herumzuführen und den Freunden und Verwandten vorzustellen. Und wenn Sie sich richtig anstellen (und auch an die Richtigen gelangen) gewinnen Sie vielleicht Freunde fürs Leben.
Seien Sie neugierig, aber nicht aufdringlich. Wecken Sie den Entdecker in sich, aber seien Sie nicht naiv, seien Sie freundlich, aber lassen Sie sich nicht über den Tisch ziehen. Geben Sie sich selbstsicher, aber nicht überheblich. Vermutlich legen Sie all diesen Verhaltensweisen zu Hause im alltäglichen Leben sowieso schon an den Tag. Wenn Sie das auch auf Reisen schaffen, dann sind Sie schon einen Schritt weiter auf der sicheren Seite. Machen Sie sich frei von dem Gedanken, dass Sie eine Reise nur überleben müssen, Sie sollten sie erleben!
Ich stelle mir gerade – während ich diese Zeilen schreibe – vor, ich würde Ihnen das alles bei einem persönlichen Gespräch erzählen. Spätestens bei dem Satz „und wenn man sie fragt, dann sagen Sie es einem in der Regel“ hätten Sie mich unterbrochen. Richtig? Natürlich. Ihr Einwand wäre gewesen: „Ich könnte Sie fragen, wenn ich die Landessprache sprechen würde. Und dann würde ich vielleicht auch die Antwort verstehen.“
Und damit kommen wir auf das nächste „Problem“.
Nämlich das mit der Sprache.... beim nächsten Mal!
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