Das hier ist kein Kapitel aus meinem Buch!
Das hier sind einfach ein paar Gedanken und Fragen, die mir seit den Anschlägen gestern beim Boston Marathon durch den Kopf gehen, und die natürlich auch irgendwie in Zusammenhang mit meinen Reisen stehen, und mit den Erfahrungen, die ich mit Menschen in aller Welt gemacht habe.
Drum natürlich auch wieder nicht komplett objektiv!
Wer möchte, darf diesen Artikel gerne teilen. Vielleicht ergibt sich ein kleiner Austausch zu der Thematik.
Was ist da eigentlich los in der Welt?
Auf der einen Seite sprechen wir seit Jahren von internationaler Abrüstung, von Annäherung und Dialog.
Auf der anderen Seite entzweihen wir uns wieder.
China und Russland rüsten wieder auf. Der Terror nimmt zu.
Diktatoren stürzen, aber die "befreiten" Länder stürzen weiter - nämlich ins bodenlose Chaos.
Um uns zu schützen machen wir uns das Leben selber zur Hölle.
Oder um es mit Benjamin Franklin zu sagen:
"Wer die Freiheit aufgibt, um Sicherheit zu gewinnen, wird am Ende beides verlieren."
Aber warum das alles? Worum dreht es sich bei Konflikten, Kriegen, Anschlägen?
Es geht doch im Endeffekt immer nur ums Geld.
Man mag den Kampf der Kulturen als Grund anführen, und damit unterschiedliche religiöse Weltbilder.
Aber schlußendlich sind doch auch das nur Vorwände für wirtschaftliche Interessen.
(In naher Zukunft werden wir uns dann wegen des Zugangs zu sauberem Trinkwasser die Köpfe einschlagen, aber das wird wohl noch ein paar Jahre dauern. Oder - ich wage es ja nicht zu hoffen - es wird nicht nötig sein, weil wir alle schlauer werden!)
Schon bei den Kreuzzüge ging es um Handelsrouten und Absatzwege. Die Kreuzritter waren vermutlich die ersten dokumentierten Lobbyisten der Weltgeschichte.
Wer im Gegenzug den Islam als "Religion des Schwertes" bezeichnet vergisst, dasss bei einem Großteil der genannten Konflikte auf BEIDEN Seiten Menschen des GLEICHEN Glaubens kämpfen! Hier kann es also auch nicht um Missionierung gehen.
Und auch Nordkorea will die Welt bestimmt nicht zum Kommunismus bekehren. Es geht schlichtweg um Flucht aus der Isolation, ohne das Gesicht vor der eigenen Bevölkerung zu verlieren.
Und da ist er, der Teufelskreis:
Kriege werden um Wirtschaftsmacht geführt, aber der wirtschaftlich Mächtige - also der Finanzstarke - kann sich die besseren Waffen leisten.
Terrorismus entsteht aus Unzufriedenheit weil man glaubt, dass das Weltbild des Einen den Wohlstand des Anderen gefährdet oder verhindert.
Dabei wären die Mittel da, das alles zu verhindern.
Die USA stehen bei Rüstungsausgaben mit jährlich 540 Mrd. Euro an der Spitze.
China hat seine Rüstungsausgaben seit 2006auf gut 80 Mrd. Euro mehr als verdoppelt.
Russlands Militärhaushalt steht derzeit bei rund 55 Mrd. Euro.
Sogar Deutschland lässt sich die Militärausgaben jährlich rund 35 Mrd. Euro kosten.
Die weltweiten Militärausgaben lagen 2011 bei 1,33 Billionen Euro!!!
Bei einer Weltbevölkerung von 8 Mrd. Menschen wären das alleine schon rund 1300 € für JEDEN (!!!) Erdenbürger!
Rechnet man dazu noch die Gelder, die wir bei unsinnigen Aktiendeals, Immobilienblasen etc. ausgeben, dann könnten wir alle herrlich und in Freuden leben.
Wie viele Krankenhäuser, Brunnen, Straßen, Häuser oder Dämme könnte man von diesem Geld bauen, wie viele Felder bewirtschaften, wieviele Krankheiten erforschen und heilen, wie viel Korruption bekämpfen...
Und dabei müssten wir noch nicht einmal an die Reserven gehen.
Wirschaftskrise? ICH BITTE SIE!!!!
Nein, ich bin kein Kommunist! Nein, ich will auch nicht, dass Jedem alles gehört.
Wir leben (zumindest hier bei uns im "Westen") in einer Leistungsgesellschaft.
Wer viel leistet, der darf und soll auch viel verdienen dürfen und vice versa.
Aber muss es sein, das wir unser Geld, und damit unseren Frieden, unseren Wohlstand, unsere Ressourcen im wahrsten Sinne des Wortes verpulvern und verfeuern?
Als Ende 2004 der Tsunami um die Welt rollte war die die Hilfs- und Spendenbereitschaft so groß, dass die Hilfsorganisationen gar nicht wussten, wohin mit dem Geld.
Wie viele weltweite Katastrophen braucht es, damit wir endlich zusammenhalten?
Und: wie wird aus Unzufriedenheit Hass? Ich habe auf meinen Reisen Menschen aus allen möglichen Ländern kennengelernt, habe in Ghettos und Favelas übernachtet, in Trailerparks gegessen, mit Menschen aller Hautfarben gefeiert. Ich war in manchen Gegenden der einzige Weiße weit und breit.
Manchmal brauchte es eine kurze Annäherungsphase, man musste sich kurz beschnuppern, aber am Ende kamen wir immer irgendwie zusammen. Haufarbe oder soziales Standing waren so gut wie nie Thema der Gespräche.
Und über unseren Nachwuchs im Sandkasten will ich gleich gar nicht reden. Denen ist es nämlich auch herzlich egal wie der andere aussieht, Hauptsache er macht seine Sandburg nicht kaputt, oder klaut ihm die Schaufel.
Merken Sie was? Wirtschaftsinteressen!! Solange sich zwei Kinder eine Schaufel und ein Förmchen teilen müssen ist der Zoff vorprogrammiert.
Weil wir das aber wissen bekommt eben jeder sein eigenes Sandkasten-Set.
Und warum geht das nicht bei den Großen??
Die Welt ist ein Dorf. Wir haben so viele Möglichkeiten. Zu Lernen. Zu Leben. Zu verstehen. Es ist so einfach...
Dienstag, 16. April 2013
Dienstag, 9. April 2013
Sicherheitsbedenken? Ach was!
Die andere Seite der Medaille ist leider eine gewisse Sorglosigkeit, die – gepaart mit einer ordentlichen Portion Unwissen – gelegentlich eine recht explosive Mischung ergibt.
Bereits Wochen vor dem Neujahrsfest werden auf den Marktplätzen Knallfrösche, Kracher und Raketen in beängstigenden Mengen verkauft. Dutzende, ja Hunderte von Buden bieten diese Dinger zum Verkauf an. Allein die pure Menge an Sprengstoff die hier lagert kann Einem Angst machen. Was aber noch hinzukommt ist die Sache, daß die Verkäufer in ihren Buden sorglos eine Zigarette nach der anderen rauchen, und sich auch nicht wirklich darum sorgen, wo sie ihre noch glimmenden Kippen hinwerfen. Leider hat es hier schon böse Unfälle mit mehreren Toten und Verletzen gegeben. Ich mache um diese Märkte aus verständlichen Gründen einen großen Bogen.
Eine ähnliche Situation hatte ich am Lago Atitlan in Guatemala. Die kleinen Motorboote die die Dörfer rund um den See verbinden müssen verständlicherweise auch gelegentlich tanken. Eine Tankstelle nach westlichem Verständnis gibt es aber nicht. Was es gibt ist eine Holzbaracke von ca. 20 Quadratmetern, bis unters Dach vollgepackt mit Benzinkanistern aus Kunststoff. Das alleine wäre nicht weiter beängstigend, wenn nicht die ganze Familie – Vater, Mutter, drei kleine Kinder, Großeltern – den ganzen lieben langen Tag in diesen Benzindämpfen sitzen würden, und Papa nicht ebenfalls ein Kettenraucher wäre.
Wer so etwas erlebt, der steht den übertriebenen Sicherheitsanforderungen und Vorsichtsmaßnahmen in Deutschland längst nicht mehr so kritisch gegenüber. Und alle Ärzte haben ein weiteres Argument dafür, daß Rauchen tatsächlich die Gesundheit gefährdet. Man lernt also durchaus nicht nur fremde Bräuche zu schätzen, man weiß auch, was man zu Hause hat.
Wir haben zum Beispiel auch ein recht gut funktionierendes öffentliches Verkehrssystem. Gut, die Chickenbusses in Mittelamerika sind in der Regel pünktlicher als die Fernverkehrszüge der Deutschen Bahn (vorausgesetzt die Straße wurde nicht weggeschwemmt, ist nicht gerade belagert, und die Ziege läßt sich problemlos auf dem Dach anbinden). Dafür gibt es bei uns bequeme Sitze und eine funktionierende Technik. Die meisten Busse in diesen Ländern sind ehemalige amerikanische Schulbusse, und die sind – wie der Name schon sagt – für Schulkinder gebaut. Jeder Mensch über 1,60 Meter wird also die Reise mit den Knien an den Ohren verbringen, vorausgesetzt er hat überhaupt einen Sitzplatz. Eine Bank die für zwei amerikanische Schulkinder ausgelegt ist wird hier schon gelegentlich mit drei ausgewachsenen Menschen und einem Huhn (alternativ: Schwein, Bananenstaude, Mehlsack, etc.) bestückt, und alles was nicht reingeht sitzt auf dem Dach oder hängt an der Außenverkleidung. Die Scheibenbremsen haben ihrem Belag vor Jahrzehnten den Laufpaß gegeben, die Federung spottet jeder Beschreibung, und die Straßen sind eine Aneinanderreihung von Schlaglöchern gegen die jeder europäische Feldweg wie eine Autobahn anmutet. Diese Kombination hat mindestens zwei neue Berufszweige hervorgebracht.
Da wäre der „Stopfer“, der so lange von außen drückt, bis wirklich jeder Millimeter Innenraum genutzt ist und jeder irgendwie im Bus klemmt. („Jeder“ berücksichtigt nicht das gute Dutzend derer, die zusätzlich außen am Bus hängen.) Und dann wäre da noch der „Hammermann“. Besonders auf der Panamericana in Nicaragua wurde ich mehrfach auf ihn aufmerksam. Ungefähr alle zwei bis drei Stunden macht der Bus eine Pause von einer viertel Stunde. Während dieser Zeit kommt ein Mann mit einem gigantischen Vorschlaghammer, und drischt die Federung fachkundig zurück an ihren Platz.
Ähnliches kann man auch im Luftverkehr beobachten. Gut, hier muß niemand auf den Tragflächen sitzen, aber weit davon entfernt ist man nicht. Ich hatte einen Inlandsflug von Guatemala City nach Tikal gebucht, um mir die Mayaruinen anzusehen. Als ich morgens um 4 Uhr vor dem Flughafen stehe weißt mich ein freundlicher Mitarbeiter darauf hin, dass ich zum nationalen Airport müsse. Gut, rein ins Taxi und rüber. Ich bin in der Regel recht geizig was das Taxifahren angeht, aber diesen Flughafen hätte ich ohne meinen Taxifahrer nicht als solchen erkannt: aus dem morgendlichen Nebel erhob sich – mitten auf dem was in Deutschland „Stoppelacker“ heißt – eine zirka 30 Quadratmeter große Baracke. Das Terminal. Das Interieur bestand aus einem Klapptisch Marke Ikea Campingabteilung, und ungefähr 20 Klappstühlen, die ihrem Namen alle Ehre machten. Sie klappten nämlich sofort zusammen wenn jemand versuche sich draufzusetzen. Der Beamte am Tisch war bewaffnet mit mehreren Bögen Pappe, einer Schere und einem Edding. Sie ahnen es, oder?
Richtig: mit der Schere wurden je nach Bedarf diverse rechteckige Pappstücke ausgeschnitten, dann mit dem Edding die Sitzplatz- und Flugnummer aufgemalt, und fertig war der Boardingpass. Nach einer halben Stunde Wartezeit durften wir dann „boarden“. Soll heißen: zu Fuß über den Stoppel… äh, das Rollfeld in Richtung Propellermaschine. Ich kam mir dabei vor wie nach einem Flugzeugabsturz, denn wir liefen durch eine Art Fliegerschrottplatz. Alte Turbinen, (hoffentlich) ausgediente Propeller, Höhenruder, etc. Alles was das Herz des passionierten Flugzeugbastlers begehrt. Und an Bord wurde es nicht viel besser. Es handelte sich um eine kleine Turbo-Prop mit links und rechts je einer Sitzreihe. Man muß nicht oft geflogen sein um zu wissen, wie es in einem Flugzeug aussieht. Die Beschriftungen für Notausgänge, Schwimmwesten, Klapptische usw. sind meistens in der Landessprache und in Englisch. Hier nicht! Das fröhliche guatemaltekische Sprachmemory hatte Deutsch, Italienisch, Englisch, Russisch, Spanisch und Französisch im Angebot. Schon faszinierend, aus was man alles Flugzeuge bauen kann! Wäre hinten in der Maschine ein Dixie-Klo gestanden, es hätte mich nicht mehr weiter überrascht.
Der Start verlief dann überraschend entspannt, und der Flug über die Baumwipfel des Dschungels war ein Traum. Nur seltsam, dass die Tür zum Cockpit nicht richtig schloß, und immer wieder aufklappte. Noch seltsamer, dass es zog. Die Lüftung über mir war aus, weil kaputt. Woher kam also dieser kontinuierliche Luftzug? Als die Tür das nächste Mal aufschwang bekam ich die Lösung präsentiert. Und das ist jetzt keine Stammtischgeschichte aus dem Reich der Gebrüder Grimm. Der Pilot hatte das Seitenfenster aufgeklappt, den Ellbogen in guter alter Mantafahrer-Manier aufgestützt, und rauchte eine. Ich habe selten so gelacht. Gleichzeitig habe ich mich allerdings geärgert, dass ich meinen Fotoapparat nicht greifbar hatte. Seit damals fliege ich noch entspannter, als ich das sowieso schon immer mache. (Ich hatte mehr Schiss, als Jahre zuvor bei einem Flug mit Aeroflot nach Moskau plötzlich die Stuhllehnen von zwei unbesetzten Sitzen ohne Vorwarnung nach hinten krachten. Da sucht man dann unweigerlich nach lockeren Schrauben bei Material und Mannschaft.)
Und:
Ich habe mich nie wieder über das öffentliche Verkehrswesen in Deutschland beschwert. (Doch, einmal: ich durfte wegen Überfüllung nicht mehr in einen Linienbus einsteigen. In Mittelamerika hätten da locker noch 40 Mann hineingepaßt!)
Bereits Wochen vor dem Neujahrsfest werden auf den Marktplätzen Knallfrösche, Kracher und Raketen in beängstigenden Mengen verkauft. Dutzende, ja Hunderte von Buden bieten diese Dinger zum Verkauf an. Allein die pure Menge an Sprengstoff die hier lagert kann Einem Angst machen. Was aber noch hinzukommt ist die Sache, daß die Verkäufer in ihren Buden sorglos eine Zigarette nach der anderen rauchen, und sich auch nicht wirklich darum sorgen, wo sie ihre noch glimmenden Kippen hinwerfen. Leider hat es hier schon böse Unfälle mit mehreren Toten und Verletzen gegeben. Ich mache um diese Märkte aus verständlichen Gründen einen großen Bogen.
Eine ähnliche Situation hatte ich am Lago Atitlan in Guatemala. Die kleinen Motorboote die die Dörfer rund um den See verbinden müssen verständlicherweise auch gelegentlich tanken. Eine Tankstelle nach westlichem Verständnis gibt es aber nicht. Was es gibt ist eine Holzbaracke von ca. 20 Quadratmetern, bis unters Dach vollgepackt mit Benzinkanistern aus Kunststoff. Das alleine wäre nicht weiter beängstigend, wenn nicht die ganze Familie – Vater, Mutter, drei kleine Kinder, Großeltern – den ganzen lieben langen Tag in diesen Benzindämpfen sitzen würden, und Papa nicht ebenfalls ein Kettenraucher wäre.
Wer so etwas erlebt, der steht den übertriebenen Sicherheitsanforderungen und Vorsichtsmaßnahmen in Deutschland längst nicht mehr so kritisch gegenüber. Und alle Ärzte haben ein weiteres Argument dafür, daß Rauchen tatsächlich die Gesundheit gefährdet. Man lernt also durchaus nicht nur fremde Bräuche zu schätzen, man weiß auch, was man zu Hause hat.
Wir haben zum Beispiel auch ein recht gut funktionierendes öffentliches Verkehrssystem. Gut, die Chickenbusses in Mittelamerika sind in der Regel pünktlicher als die Fernverkehrszüge der Deutschen Bahn (vorausgesetzt die Straße wurde nicht weggeschwemmt, ist nicht gerade belagert, und die Ziege läßt sich problemlos auf dem Dach anbinden). Dafür gibt es bei uns bequeme Sitze und eine funktionierende Technik. Die meisten Busse in diesen Ländern sind ehemalige amerikanische Schulbusse, und die sind – wie der Name schon sagt – für Schulkinder gebaut. Jeder Mensch über 1,60 Meter wird also die Reise mit den Knien an den Ohren verbringen, vorausgesetzt er hat überhaupt einen Sitzplatz. Eine Bank die für zwei amerikanische Schulkinder ausgelegt ist wird hier schon gelegentlich mit drei ausgewachsenen Menschen und einem Huhn (alternativ: Schwein, Bananenstaude, Mehlsack, etc.) bestückt, und alles was nicht reingeht sitzt auf dem Dach oder hängt an der Außenverkleidung. Die Scheibenbremsen haben ihrem Belag vor Jahrzehnten den Laufpaß gegeben, die Federung spottet jeder Beschreibung, und die Straßen sind eine Aneinanderreihung von Schlaglöchern gegen die jeder europäische Feldweg wie eine Autobahn anmutet. Diese Kombination hat mindestens zwei neue Berufszweige hervorgebracht.
Da wäre der „Stopfer“, der so lange von außen drückt, bis wirklich jeder Millimeter Innenraum genutzt ist und jeder irgendwie im Bus klemmt. („Jeder“ berücksichtigt nicht das gute Dutzend derer, die zusätzlich außen am Bus hängen.) Und dann wäre da noch der „Hammermann“. Besonders auf der Panamericana in Nicaragua wurde ich mehrfach auf ihn aufmerksam. Ungefähr alle zwei bis drei Stunden macht der Bus eine Pause von einer viertel Stunde. Während dieser Zeit kommt ein Mann mit einem gigantischen Vorschlaghammer, und drischt die Federung fachkundig zurück an ihren Platz.
Ähnliches kann man auch im Luftverkehr beobachten. Gut, hier muß niemand auf den Tragflächen sitzen, aber weit davon entfernt ist man nicht. Ich hatte einen Inlandsflug von Guatemala City nach Tikal gebucht, um mir die Mayaruinen anzusehen. Als ich morgens um 4 Uhr vor dem Flughafen stehe weißt mich ein freundlicher Mitarbeiter darauf hin, dass ich zum nationalen Airport müsse. Gut, rein ins Taxi und rüber. Ich bin in der Regel recht geizig was das Taxifahren angeht, aber diesen Flughafen hätte ich ohne meinen Taxifahrer nicht als solchen erkannt: aus dem morgendlichen Nebel erhob sich – mitten auf dem was in Deutschland „Stoppelacker“ heißt – eine zirka 30 Quadratmeter große Baracke. Das Terminal. Das Interieur bestand aus einem Klapptisch Marke Ikea Campingabteilung, und ungefähr 20 Klappstühlen, die ihrem Namen alle Ehre machten. Sie klappten nämlich sofort zusammen wenn jemand versuche sich draufzusetzen. Der Beamte am Tisch war bewaffnet mit mehreren Bögen Pappe, einer Schere und einem Edding. Sie ahnen es, oder?
Richtig: mit der Schere wurden je nach Bedarf diverse rechteckige Pappstücke ausgeschnitten, dann mit dem Edding die Sitzplatz- und Flugnummer aufgemalt, und fertig war der Boardingpass. Nach einer halben Stunde Wartezeit durften wir dann „boarden“. Soll heißen: zu Fuß über den Stoppel… äh, das Rollfeld in Richtung Propellermaschine. Ich kam mir dabei vor wie nach einem Flugzeugabsturz, denn wir liefen durch eine Art Fliegerschrottplatz. Alte Turbinen, (hoffentlich) ausgediente Propeller, Höhenruder, etc. Alles was das Herz des passionierten Flugzeugbastlers begehrt. Und an Bord wurde es nicht viel besser. Es handelte sich um eine kleine Turbo-Prop mit links und rechts je einer Sitzreihe. Man muß nicht oft geflogen sein um zu wissen, wie es in einem Flugzeug aussieht. Die Beschriftungen für Notausgänge, Schwimmwesten, Klapptische usw. sind meistens in der Landessprache und in Englisch. Hier nicht! Das fröhliche guatemaltekische Sprachmemory hatte Deutsch, Italienisch, Englisch, Russisch, Spanisch und Französisch im Angebot. Schon faszinierend, aus was man alles Flugzeuge bauen kann! Wäre hinten in der Maschine ein Dixie-Klo gestanden, es hätte mich nicht mehr weiter überrascht.
Der Start verlief dann überraschend entspannt, und der Flug über die Baumwipfel des Dschungels war ein Traum. Nur seltsam, dass die Tür zum Cockpit nicht richtig schloß, und immer wieder aufklappte. Noch seltsamer, dass es zog. Die Lüftung über mir war aus, weil kaputt. Woher kam also dieser kontinuierliche Luftzug? Als die Tür das nächste Mal aufschwang bekam ich die Lösung präsentiert. Und das ist jetzt keine Stammtischgeschichte aus dem Reich der Gebrüder Grimm. Der Pilot hatte das Seitenfenster aufgeklappt, den Ellbogen in guter alter Mantafahrer-Manier aufgestützt, und rauchte eine. Ich habe selten so gelacht. Gleichzeitig habe ich mich allerdings geärgert, dass ich meinen Fotoapparat nicht greifbar hatte. Seit damals fliege ich noch entspannter, als ich das sowieso schon immer mache. (Ich hatte mehr Schiss, als Jahre zuvor bei einem Flug mit Aeroflot nach Moskau plötzlich die Stuhllehnen von zwei unbesetzten Sitzen ohne Vorwarnung nach hinten krachten. Da sucht man dann unweigerlich nach lockeren Schrauben bei Material und Mannschaft.)
Und:
Ich habe mich nie wieder über das öffentliche Verkehrswesen in Deutschland beschwert. (Doch, einmal: ich durfte wegen Überfüllung nicht mehr in einen Linienbus einsteigen. In Mittelamerika hätten da locker noch 40 Mann hineingepaßt!)
Abonnieren
Posts (Atom)